AuthorStefan

Eine Entscheidung mit unbekannten Auswirkungen

Manchmal sind es kleine Dinge oder singuläre Zufälle/Ereignisse, die ziemlich großen Einfluss auf den weiteren Lebensweg haben. So ist es irgendwie auch bei einem Versetzungsantrag, zumindest wenn er ohne ganz konkretes Ziel auf eine relativ große Region gestellt wird. Wohin du versetzt wirst, entscheidet dann, wo du mindestens die nächsten Jahre deinen Lebensmittelpunkt haben wirst. Diese kleine Entscheidung, die irgendwo im Ministerium von irgendwem irgendwie auf undurchsichtige Art und Weise getroffen wird, verändert viel, auch wenn es natürlich für die zuständige Person nur einer von unzähligen Fällen ist.
Und diese Entscheidung ist für mich letzte Woche Freitag gefallen, denn da kamen die Ergebnisse der Versetzungsanträge raus. Leider Freitagnachmittag so spät, dass bei uns niemand mehr da war, das Ergebnis also bis Montag in einem E-Mail-Postfach lag (Liebes Ministerium, sowas kann man auch besser lösen).
Ergebnis: Ich werde versetzt nach Bad Neustadt an der Saale. Definitiv bezahlbarer als München, was den Wohnraum angeht, aber auf meiner Rangliste der Zielschulen im Antrag aus diversen Gründen nur Nr. 12 von 12. Entsprechend war ich von dem Ergebnis spontan nur mäßig begeistert.
Was folgte waren ganz viele Überlegungen, Gedankenspiele und Gespräche – insbesondere auch weil sich das Leben natürlich seit dem Antrag weitergedreht hat. Nach 1 1/2 Tagen des Nachdenkens und Beredens wurden dann die Zweifel immer größer und die anderen vielleicht längerfristig möglichen Optionen immer verlockender. Womit sich die Frage verband, ob man aus der Nummer überhaupt noch raus kommt. Also erstmal meine aktuelle Schulleitung angerufen und nachgefragt. „Ja, dass sollte eigentlich schon gehen – ich frage mal beim Zuständigen im Ministerium nach“.
Kurz: Es scheint zu gehen, man kann seinen Antrag noch zurückziehen, was ich dann auch getan habe. Ich werde also noch mindestens ein weiteres Jahr in München bleiben, was zwar wohnungstechnisch eine Herausforderung werden wird – egal ob wir hier bleiben, wo wir sind, oder uns nach einer neuen Wohnung umschauen – aber manches auch einfacher macht, da wir aktuell eine gut funktionierende Kinderbetreuung für K1 haben, Klinik, Hebamme und Kinderärztin für K2 auch fix sind und jetzt im heißen Sommer nicht kurzfristig einen Umzug organisieren müssen.
Was das alles langfristig bedeutet und welche Folgen das für den weiteren Lebensweg hat, kann ich aktuell noch gar nicht abschätzen. Ich weiß nur, dass wir jetzt vollständig neu überlegen und Optionen, die vom Tisch waren, weil sie zeitlich einfach maximal ungünstig waren, wieder auf dem Tisch sind. Irgendwie verrückt, vor allem weil wir sehr wahrscheinlich bei allen anderen 11 Orten vorher auf der Liste gegangen wären, obwohl ich meine Schule sehr mag und da definitiv keinerlei Grund habe, zu gehen. Das haben auch wieder die vielen irgendwie verrückten Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen im Laufe dieser Tage gezeigt. Man freute sich ehrlich für mich, dass ich versetzt wurde und man freute sich ehrlich, dass ich dann doch noch da bleibe.

P.S.: Im Nachhinein hätte ich Bad Neustadt einfach nicht mit auf die Liste schreiben sollen, aber nachher ist man natürlich immer schlauer. Ich hoffe zumindest, dass ich trotzdem keinem anderen die Versetzung verbaut habe, weil ich versetzt worden wäre.

IT-Support – Ein Horror für alle Seiten

Immer wenn man in einer größeren Firma arbeitet, ist man früher oder später auf den IT-Support angewiesen. Das ist auch in der Firma „Schule“ nicht anders und immer wieder zeigt sich, dass das ein Horror für beide Seiten sein muss. Ich hatte in der letzten Woche mal wieder ein ganz besonderes Highlight davon: Ich habe ein Ticket aufgemacht, weil offensichtlich das Schul-WLAN m-bildung_internet (was wahrscheinlich an vielen Münchener Schulen in dieser Art und Weise existiert) so konfiguriert ist, dass ich mich mit meinem privaten Rechner nicht bei m-bildung.de anmelden (läuft über access.m-bildung.de) und damit nicht auf das städtische Ticketsystem für den IT-Support zugreifen kann. Klar könnte es dafür den Grund geben, dass ich das nicht mit einem Privatgerät machen soll. Wenn ich aber über das freie öffentliche WLAN der Stadtwerke München ins Netz gehe, dann funktioniert der Login problemlos. Also habe ich das mal detailliert beschrieben und in ein Ticket gepackt. Exakt 5 Minuten später wurde das Ticket als gelöst beantwortet mit „Beachten Sie das links die lokal gespeichert sind gerade beim Wechseln von Standorten dazu führen kann das Links nicht mehr funktionieren“ (Rechtschreibung wurde übernommen). Ehrlich: Das hilft mir Null weiter und löst das ziemlich detailliert beschriebene Problem keinesfalls. Weiter wurde ich darum gebeten anzurufen, falls es weiterhin nicht gehen sollte – vermutlich nach dem Löschen der Cookies, denn der Kurztext zur Antwort lautete „Unterschiedliche Netzwerk verschiedene Cookies“.
Ich habe dann darauf verzichtet mit dem IT-Support zu telefonieren. Bis ich denen das Problem nochmal geschildert habe und dann wahrscheinlich nochmal jemandem, der auch Zugriffsrecht auf die entsprechende Konfiguration hat, kann ich bestimmt 50x das WLAN wechseln, wenn ich was im Ticketsystem erledigen muss.
Aber im Rückblick zeigt es mir, dass IT-Support für beide Seiten schwierig bis „die Hölle“ ist, weil die Nutzer das Kompetenzlevel voneinander nicht kennen. Wahrscheinlich bekommt der First-Level-Support ganz viele Anfragen, die sich mit einfachem Standartvorgehen lösen lassen und die von einem fortgeschritten Nutzer in der Regel auch selbstständig gelöst worden wären. Wenn dann aber vertiefte Anfragen auch hier mit unnützen Standart-Lösungen beantwortet werden, die nicht funktionieren bzw. die der geübte Nutzer eh schon alle ausprobiert hat, dann ist das frustrierend und fühlt sich zeitraubend an. Entsprechend dürfte der Support auch viel Frust abbekommen, daher schwierig für beide Seiten.
Vielleicht würde es helfen, wenn man bei solchen Tickets auch das IT-Kenntnislevel mit angeben könnte. Eventuell wären die Antworten dann passender und hilfreicher und der ganze Prozess würde insgesamt reibungsloser Laufen, da man dann bei wirklichen Problemen (das hier geschilderte ist kein solches Problem!) auch schneller im Second-Level-Support ist.

Professioneller Versandhandel schlägt Start-up

Ich schreibe sehr selten über Erfahrungen mit Unternehmen im Netz, aber manche Dinge sind einfach so schräg schlecht, was den Kundenservice angeht, dass ich mir tatsächlich die Zeit dazu nehme.
Ich bin gerade dabei mir eine neue Matratze zu kaufen. Da mir die ganzen reinen Matratzen-Läden zu schräg sind und ich ziemlich ungern in Möbelhäusern zu Gast bin, bin ich im Prinzip der ideale Kunde für den Online-Matratzenhandel. Und so habe ich beschlossen mir ein EMMA-Matratze zu kaufen.
Das erste Nervige: Teilweise sind die Produkte bei anderen Händlern deutlich billiger als beim Hersteller direkt. Also immer schauen, wo es eigentlich am günstigsten und dazu noch relativ zeitnah lieferbar ist. So weit, so normal. Aber jetzt kommen die Dinge, warum ich eigentlich diese Zeilen schreibe:
Am Ende habe ich dann direkt bei https://www.emma-matratze.de/ im Rahmen einer Aktion bestellt. Und schon bei der Bestellbestätigung das erste größere Kopfschütteln: Die „Rechnungen“ bzw. die Beträge, die in der Bestellbestätigung und auch im Online-Konto stehen, sind total durcheinander. Mal stehen da die richtigen, reduzierten Preise, mal sowas wie „Mondpreise“, die das UVP darstellen könnten und das sowohl im Mailtext selbst als auch in den angehängten PDFs. Insgesamt auf jeden Fall qualitativ unterirdisch.
Nächstes Kopfschütteln: Während auf der Webseite deutlich eine durchschnittliche Lieferzeit des Produktes von 3-5 Werktagen steht, findet sich in der Bestellbestätigung nichts von einem voraussichtlichen Lieferzeitraum oder so. Dazu muss man sich auf der Webseite mit Bestellnummer und E-Mail einloggen. Dort dann das dritte Kopfschütteln: Aus 3-5 Werktagen wurden einfach so 20 Werktage. Ziemlich unerfreulich. Aber in meinem Fall wäre das sogar noch verkraftbar gewesen. Aber das definitive Aus für EMMA-Matratze als Firma, von der ich eine Matratze kaufen möchte, war dass selbst diese Lieferfrist nicht eingehalten wurde. Ohne aktive Mitteilung per Mail oder Post wurde der geplante Lieferzeitraum am letzten Tag des im Account angegebenen Zeitraums um weitere 4 1/2 Wochen (!) nach hinten verschoben. (Edit: Heute kam verspätet doch noch eine Mail, dass sich der Lieferzeitraum „aufgrund von unerwarteten Herausforderungen“ verschiebt. Allerdings wieder ohne konkreten Zeitraum, sondern nur mit Verweis auf die online-Abfrage). Man stelle sich vor, jemand zieht um und braucht dringend eine neue Matratze, weil er die alte nicht mitgenommen hat oder nicht mitnehmen konnte. Ehrlich: Das ist eine unterirdische Leistung von dem z.B. hier so hoch gelobten Start-up.
Schlussfolgerung: Bestellung bei EMMA stornieren (mal sehen, wie lange und problembelastet dieser Prozess sein wird) und bei einem großen, professionellen Händler neu bestellen. Hier ist auch in der Bestellbestätigung trotz Aktion der korrekte Preis ausgewiesen und auch auf den geplanten Lieferzeitraum wird direkt hingewiesen. Die Kundenerfahrung beginnt also schon mal viel besser, ich hoffe das bleibt so.

Edit: Das Stornieren selbst ging ganz okay, auch wenn der erste Stornierungwunsch mit einem Hinweis auf irgendeinen systemberechneten Rabatt (Höhe wird erst später klar) beantwortet wurde und man noch eine zweite Nachricht schreiben musste. Eine Frechheit finde ich jedoch, dass die sich bis zu 21 Werktage(!!) also praktisch einen ganzen Monat Zeit lassen, um das Geld zurückzuerstatten (nachdem sie ihr angesagtes Lieferdatum nicht eingehalten haben). Das ist für mich untragbar und definitiv der Grund, aus dem ich nie wieder etwas bei denen bestellen werde.

Probeunterricht zum Übertritt ans Gymnasium

Letze Woche fand der Probeunterricht zum Übertritt ans Gymnasium statt. Wer nicht weiß, was das ist, der kommt aller Wahrscheinlichkeit nach nicht aus Bayern und hat daher auch noch nie vom Grundschulabitur gehört. Und dieser Begriff ist kein Witz, sondern bitterer Ernst für die 10- oder 11-jährigen. Daher kurz zur Erklärung: Aufs Gymnasium können nur die, die im Übertrittszeugnis einer staatlich oder staatlich anerkannten Grundschule in Deutsch, Mathe und Heimat- und Sachkunde einen Notenschnitt von 2,33 oder besser haben. Alle anderen, also die mit schlechterem Schnitt oder die von einer „nur“ staatlich genehmigten Grundschule kommen, müssen am sog. Probeunterricht am Gymnasium teilnehmen. Wobei der Begriff „Unterricht“ hier eine völlig falsche Realität suggeriert. Eigentlich müssen die Kinder drei kurze Vormittage lang fast Prüfungen absolvieren.
Ich hatte dieses Jahr zum ersten Mal das Vergnügen an diesem Probeunterricht teilzunehmen bzw. ihn zu gestalten. Passt eigentlich ganz gut, weil ich inzwischen meinen Erfahrungsschatz im Umgang und der Arbeit mit der Unterstufe ausgebaut habe.

Der Ablauf

Dienstag ging es los mit der Begrüßung und einem langsamen Ankommen – schließlich sind alle ziemlich aufgeregt, alles ist neu und unbekannt und irgendwie wissen ja auch alle um die Bedeutung des Probeunterrichts bzw. messen ihm alle selbst eine stark überhöhte Bedeutung zu (das das Gymnasium nicht immer das non plus ultra ist und z.B. für NaWi-Interessierte die FOS13 vielleicht viel sinnvoller ist, führe ich ein anderes mal weiter aus). Nach jeweils 15 Minuten Einführungen müssen die Schülerinnen und Schüler dann verschiedene, zentral erstellte Tests in Deutsch (4 Stück) und in Mathe (2 Stück) bearbeiteten. Diese werden dann jeweils von zwei Lehrkräften nach einem eng vorgegebenen Muster bewertet und nach dem vorgegebenen Schlüssel bewertet. Die Ergebnisse in den Tests haben die doppelte Gewichtung zu der mündlichen Note, die Schülerinnen und Schüler im Rahmen der kurzen Unterrichtssequenzen, die am Freitag stattfanden, erreichen konnten. Hier hat man für Deutsch und Mathe je etwa eine Zeitstunde Raum, um im Rahmen eines kleinen Unterrichtsausschnittes mit viel Unterrichtsgespräch sind einen Eindruck über die Leistungsfähigkeit und die Auffassungsgabe der Schülerinnen und Schüler zu machen. Die Eindrücke von den je zwei verantwortlichen Lehrkräften führen dann zusammen zu einer mündlichen Note. Mit 3 und 4 hat man bestanden, mit 4 und 4 kann man per Elternwille ans Gymnasium und ansonsten ist man durchgefallen und kann in diesem Jahr nicht ans Gymnasium.

Die Aufgaben

Einen Überblick über die Matheaufgaben aus den letzten Jahren findet man auf den Seiten des ISB. Wer reinschaut wird feststellen, dass viele Aufgaben relativ textlastig sind. Das finde ich nicht toll, da ich ja für Mathe eigentlich nicht prüfen will, ob sie Infos aus Texten entnehmen können. Und gerade Schülerinnen und Schüler mit nicht Deutsch als Muttersprache (unter bestimmten Umständen gibt das nen Bonus beim Schnitt) und bei denen zu Hause nicht Deutsch gesprochen wird, haben hier einen echten Nachteil, was die Bildungssegregation weiter wachsen lässt.

Meine Kritik

Zunächst verstehe ich nicht, warum die schriftlichen Prüfungen an einer neuen Schule vor unbekannten Lehrkräften stattfinden müssen. Das könnte aus meiner Sicht genau so an den Grundschulen vor Ort stattfinden – dann wäre der Druck in der Situation vielleicht nicht ganz so groß für die Kinder. Gleichzeitig wäre dann vielleicht mehr Raum für eine längere Unterrichtssequenz, sodass der Begriff „Probeunterricht“ zumindest seinem Namen gerechter werden würde. Aber eigentlich mag ich das ganze Konzept nicht. Das hat aus meiner Sicht nichts mit pädagogisch verantwortungsvollem Handeln zu tun, sondern ist fast ein reines Prüfen der aktuellen, situativen Leistungsfähigkeit. Wie soll ich bitte nach 3 kurzen Tagen, wovon nur 2-3 Zeitstunden Unterrichtsgespräch sind, halbwegs valide abschätzen können, ob jemand fürs Gymnasium geeignet ist oder nicht? Ich tue mich da ehrlich selbst nach 9 Monaten intensivem Matheunterrichts in meiner eigenen Klasse schwer und bin mir immer bewusst, dass sich Leistungen, aus welchen Gründen auch immer, innerhalb von einem Schuljahr stark verändern können – sowohl nach oben als auch nach unten. Natürlich muss der Probeunterricht zwar keine Entscheidung für immer sein, aber ehrlich: Ich glaube die Grundschullehrkräfte, die die Kinder oft vier Jahre lang begleitet haben, können viel besser einschätzen, welche Schulform zum jetzigen Zeitpunkt die richtige für ein Kind ist. Auch finde ich den Druck, dem die Kinder hier ausgesetzt werden, wirklich übertrieben und ich möchte nicht mit ihnen tauschen müssen. Und abschließend: Natürlich hängt ein Erfolg beim Probeunterricht oft auch von dem Bildungsniveau der Eltern ab. Gerade da die Aufgaben der letzten Jahre bekannt sind, sind einige der Kids hiermit besonders trainiert (von den Büchern und Nachhilfeangeboten zu dem Thema ganz zu schweigen), andere eher weniger. Die Einschätzung, ob das Ergebnis dann noch valide was über die individuelle Eignung fürs Gymnasium aussagt, überlasse ich jedem selbst.
Kurz: Ich bin vom Probeunterricht in der jetzigen Form nicht überzeugt und hätte viel mehr Vertrauen in die Einschätzungen der Grundschullehrkräfte. Auch sollten wir den Eltern früher klar machen, dass es viel mehr als einen Weg zum Abitur gibt und den Blick auf das Wohl des Kindes lenken. Auch mal Erfolge zu haben und nicht ständig und überall schlechte Noten zu bekommen ist für viele Kinder oft motivierender und lernförderlicher als x Stunden Nachhilfe. Und Ideen, wie die Durchlässigkeit von Realschule zu Gym besser werden kann, bräuchte es auch. Die existiert nämlich im Laufe der Mittelstufe gefühlt quasi nicht.

Versetzungsantrag trotz Ortszuschlag – für Familien kaum vermeidbar

Eigentlich mag ich München sehr, besonders die Isar und den Westpark und mit meiner Schule, dem dortigen Kollegium und den Schülerinnen und Schülern am Wilhelmsgymnasium hätte ich es auch kaum besser treffen können. Und trotzdem habe ich einen Versetzungsantrag gestellt. Warum das so ist und wo ich Verbesserungsmöglichkeiten sehe, beschreiben die folgenden Zeilen.

Family

Ausgangslage

Seit mehr als 12 Jahren bin ich inzwischen in München und seit 9 Jahren wohne ich mit meiner besseren Hälfte und inzwischen auch mit meinem Sohn in einer tollen 56qm Zwei-Zimmer-Wohnung. Doch diese wird nun definitiv zu klein, sodass an einem Umzug kein Weg vorbei führt. Ich bin dabei nicht besonders anspruchsvoll, aber eigentlich brauchen wir 4, im Idealfall 5 Zimmer. Und damit sind wir dann am freien Mietmarkt bei ca. 2000 € Kaltmiete – Tendenz steigend. Staatsbedienstetenwohnungen und bezahlbare Wohnungen bei sozial ausgerichteten Vereinen oder Gesellschaften sind sehr rar. Beim Kaufen von Wohnraum dürfte es geschätzt (ohne mich hier wirklich informiert zu haben, weil finanziell unrealistisch) bei über einer Millionen, eher so 1,2 Millionen + x losgehen. Aber auch mit den sehr gesuchten Fächern Physik und Mathe bekomme ich als Lehrer in München eben „nur“ A13.

Regionalisierung der Familienzulage – die Idee

Genau dieses Problem der hohen Wohnkosten in Ballungsräumen soll der sog. Ortszuschlag reduzieren. Grundidee: In Regionen, wo das Leben besonders teuer ist, gibt es einen Zuschlag zum Gehalt, damit auch Stellen an diesen Orten attraktiv sind. Der Orts- und Familienzuschlag wurde gerade neu geregelt und ich zitiere mal das Bayerische Kultusministerium:

„[…] profitieren Sie – gerade im Ballungsraum München – von sehr guten Einstellungschancen und der Neuregelung des Orts- und Familienzuschlags, die in vielen Fallkonstellationen zu einer spürbaren Steigerung der Besoldung führt!“

(Quelle: https://www.km.bayern.de/lehrer/stellen/regionalpraemie.html; abgerufen am 04.05.2023

Ortszuschlag – Die traurige Realität

Da Lehrergehälter sehr transparent sind, kann man sich mit Hilfe von Gehaltsrechnern wie z.B. https://oeffentlicher-dienst.info ausrechnen, welche Auswirkungen der Wohnort auf das Gehalt hat. Mit A13, neuem Familienzuschlag bei einem Kind, meiner aktuellen Stufe 7, Steuerklasse IV und Kirchensteuer Bayern bleiben netto etwa 4125€, wovon noch etwa 400€ private Krankenversicherung für mich und den Nachwuchs abgehen. Natürlich kann ich bei dem Vergleichsnetto von 3725€ da auch 2000€ kalt irgendwie finanzieren. Aber ich bin eben auch Mathelehrer und mag Rechenspiele: In der niedrigsten Ortsklasse I bekäme ich etwa 4030€ raus, also sage und schreibe 95€ (!) weniger als in München. Das sind (gerechnet aufs Netto in München ohne PKV-Abzug) sensationelle 2,3% weniger. Damit folgt automatisch die Frage: „Was ließe sich mit 2000€-95€=1905€ an einem solchen Ort wohntechnisch finanzieren?“ Und die einfache Antwort ist: Definitiv deutlich mehr als in München, vielleicht sogar ein Arbeitszimmer. Die Gegenfrage dazu ist natürlich: „Gleicht München als Stadt diesen Unterschied wieder aus?“ Hierauf muss sicher jeder seine eigene Antwort finden.

Meine Schlussfolgerung

Für mich bleiben zwei Möglichkeiten: Entweder einen besser bezahlten Job in der freien Wirtschaft suchen oder versuchen, den Ort zu wechseln. Und da ich das, was ich aktuell tue (ergänzt durch meine sonstigen Aktivitäten), sehr mag, es mir Spaß macht und ich auch immer wieder positives Feedback von Schüler:innen und Eltern bekomme, fällt mir die Entscheidung gerade leicht: Ich versuche den Ort zu wechseln und habe einen Versetzungsantrag gestellt. Mal sehen, wie groß der Lehrkräftemangel in Unterfranken tatsächlich ist oder ob der Mangel in München so groß ist, dass das Ministerium keine Versetzungsmöglichkeit sieht. Aber ich bin da erstmal ganz entspannt und warte ab, was passiert.

Verbeserungsmöglichkeiten

Meckern ist leicht, deswegen hier meine konkreten Verbesserungswünsche rund um den Versetzungsantrag, um den Lehrerberuf weiter attraktiv zu halten oder ihn zumindest im Vergleich nicht noch unattraktiver zu machen:

  • Der Ortszuschlag sollte so gestaltet werden, dass er die realen Wohnkosten deutlicher ausgleicht – aktuell ist das eher ein Witz und ich fühle mich bei so minimaler Regionalisierung fast etwas mehr auf den Arm genommen, als es ganz ohne Unterscheidung der Fall war.
  • Der Bedarf an allen Schulen sollte offener und transparenter kommuniziert werden, gerne auch ergänzt mit schulscharfen Stellenauschreibungen und Bewerbungsmöglichkeiten. Das würde zum einen eine echte Transparenz schaffen, wie groß der Lehrkräftemangel eigentlich ist, aber zum anderen würden Schulleitungen auch ansatzweise Möglichkeiten erhalten, Personal passend zu ihrem gewünschten Profil zu erhalten, was ja oft weit mehr umfasst, als nur die Unterrichtsfächer. Auch als Lehrkraft könnte man sich dann viel besser eine Schule oder ein Team suchen, dass zu einem passt. Ich denke, dass hätte für alle Seiten einen positiven Effekt und würde die Schulen besser machen.
  • Auch wenn es bei mir nicht passiert: Die Schulleitung kann tatsächlich einen Versetzungsantrag 1x, also für ein Jahr ablehnen. Gelegentlich, bei etwa 4,4% aller Fälle, kommt das auch vor (siehe Zahlen des BPV). Ehrlich: das ist doch nicht sinnvoll. Welche Leistung erwartet man von einem Mitarbeiter, der eigentlich weg will und dessen Wunsch aktiv verhindert wird? Bitte einfach streichen.

Buschprämie

Noch kurz ein paar Worte zur „Buschprämie“, offiziell Regionalprämie, von einmalig 3000€ die Bayern jetzt für Neueinstellungen (betrifft mich also nicht) in verschiedenen Gebieten, meist an den Grenzen in Nord- und Ostbayern, zahlt: Ich war ehrlich überrascht, dass München und das gesamte Oberland ein leerer Fleck ist, der Lehrkräftemangel also in München und Umgebung im Vergleich mit anderen Regionen gering zu sein scheint. Das kann ich mir nur dadurch erklären, dass nach dem Ref sehr viele Abgänger nach München wollen oder geschickt werden, um hier Lücken zu füllen. Aber mit Blick auf sinkende Abgängerzahlen könnte das schwieriger werden in den kommenden Jahren. Ansonsten bin ich sehr gespannt, ob so ein geringer Betrag (nicht mal ein Monatsgehalt) tatsächlich Auswirkungen hat, vor allem wenn sich die Bewerber klar darüber sind, dass es in Bayern kein Altersgeld gibt, also der Weg aus Bayern heraus (ohne Ländertauschverfahren) oder aus dem Lehrerberuf heraus schwierig bzw. sehr kostspielig ist.

Anmerkungen

Wie bereits erwähnt, ist das hier mein persönliches Bild was Wohnkosten usw. betrifft. Es kann sehr gut sein, dass jemand anderes zu einer anderen Einschätzung kommt, ob München die veranschlagten Wohnkosten durch seine Lebenesqualität und Angebote ausgleicht. Ganz anders sieht es natürlich auch aus, wenn man hier oder in gut pendelbarer Distanz Wohnraum geerbt hat. Trotzdem höre ich immer wieder, dass Lehrkräfte abwandern, weil das Wohnen in und um München mit Familie kaum bezahlbar ist. Wenn die Familie wächst, braucht man zum einen mehr Platz und zum anderen reduziert sich das Einkommen, weil i.d.R. mind. einer weniger arbeitet. Überspitzt: München ist ein Durchlauferhitzer für junge Lehrkräfte, in den nach dem Ref alle gesteckt werden, um ihn dann ziemlich bald (am Ende einer kompletten Lehramtsausbildung inkl. Ref ist man ja schon relativ alt) wieder zu verlassen. Für die Schulentwicklung hier ist das sicher keine einfache Herausforderung.

P.S.: Das war’s jetzt erstmal zu dem Thema von mir – Antrag ist gestellt und jetzt lasse ich mich überraschen, was passiert.