Eigentlich mag ich München sehr, besonders die Isar und den Westpark und mit meiner Schule, dem dortigen Kollegium und den Schülerinnen und Schülern am Wilhelmsgymnasium hätte ich es auch kaum besser treffen können. Und trotzdem werde ich leider einen Versetzungsantrag stellen. Warum beschreibe ich vielleicht ein anderes mal ausführlicher. Kurz: Das Leben in München ist, wenn man hier keinen Wohnraum geerbt hat, aus meiner Sicht zu teuer für eine Familie mit einem A13-Gehalt. Also entweder anderen, besser bezahlten Job suchen (was sicher kein Selbstläufer, bei meiner Qualifikation aber auch nicht ausgeschlossen ist) oder den Ort wechseln. Da ich es aber mag, Kids die Faszination von MINT näher zu bringen, werde ich versuchen, den Ort zu wechseln.
Damit verbunden ist natürlich die Frage, wo es hingehen soll. Eine echt schwere Frage, vor allem, da man von außen in andere Schulen praktisch gar nicht reinschauen kann und es in Bayern auch (außer Schulleitung und Seminarlehrkräfte) keinerlei schulscharfe Stellenausschreibungen gibt. Man kann also trotz Lehrermangel und in der Politik kursierenden Ideen wie einer „Buschzulage“ selbst als Lehrkraft, die schon im System ist, gar nicht abschätzen, wo denn ein Bedarf für die eigenen Fächer besteht und wo, also in welcher Region oder an welcher Schule, ein Versetzungsantrag erfolgreich sein könnte. Bei einer Erfolgsquote der Versetzungsanträge von nur etwa 50% (Quelle: HPR) wären hier mehr Informationen schon wünschenswert, um gerade auch in Zeiten von Lehrkräftemangel eine anderweitige Abwanderung zu verhindern. Auch hat man vorab keinerlei Infos über die Entwicklungsmöglichkeiten an einer Schule, was Funktionsstellen angeht.
Man könnte also fast Dart auf eine Bayern-Karte spielen. Aber irgendwie wird es in ganz Oberbayern preislich kaum besser, was das Verhältnis von A13 zu den Wohnkosten angeht. Einzig Berchtesgarden oder Bad Reichenhall wären hier aus besonderen Gründen denkbar, aber das Grenzgängerleben ist erstmal verdammt kompliziert und abschreckend. Da ich ursprünglich aus Hessen und auch eher vom Land als aus der Stadt komme, sind die Rhön und alles am Main, also eigentlich ganz Unterfranken auf den ersten Blick attraktiv.
Aber wo genau? Und in welcher Reihenfolge Schulen angeben? Ich bin ziemlich unschlüssig. Ich mag kleinere Schulen, könnte mich aber auch gut als Seminarlehrer vorstellen, was nur in Würzburg oder Schweinfurt evtl. irgendwann möglich wäre. Ich bringe spezielle MINT- und IT-Expertise mit, fühle mich aber auch gerade an einem rein humanistischen Gymnasium sehr wohl…
Vielleicht muss es doch der Zufallsgenerator richten und am Ende entscheidet ja in Bayern ohnehin das Ministerium nach Bedarf, ob und wenn ja wohin ich denn versetzt werden könnte. Es werden auf jeden Fall spannende Wochen bis zum Schuljahresende.
AuthorStefan
Vor einiger Zeit habe ich unter dem Titel „Lehr- und Fachkräftemangel – Auch die Folge fehlender Krippenplätzen“ schon mal über die Herausforderungen der Suche nach einem Betreuungsplatz für den Nachwuchs geschrieben. Heute möchte ich das ganze noch etwas vervollständigen:
Inzwischen sind seit dem gewünschten Betreuungsstart 6 Monate vergangen. Kontakte oder Nachrichten über den Kita-Finder zu allen 24 „Bewerbungen“ gab es keinen einzigen. Das Tool ist also aus meiner Sicht ein völliger Flop, der bei der Suche nach Kita-Plätzen praktisch gar nicht hilft. Als besonders frustrierend empfinde ich dabei, dass in keinster Weise irgendwelche Kriterien klar werden, nach denen Plätze vergeben werden, sondern das alles im dunklen Kämmerchen passiert. So stellt man sich schon immer mal wieder die Frage, was man denn für einen entsprechenden Kita-Platz hätte tun sollen? Hätten wir vielleicht einen Platz bekommen, wenn ich statt an einem staatlichen Gymnasium an einem städtischen arbeiten würde? Hätte wir vielleicht einen bekommen, wenn jemand von uns arbeitssuchend gewesen wäre anstatt schon einen Job zu haben? Hätten wir vielleicht einen bekommen, wenn der Nachwuchs Mädchen statt Junge gewesen wäre? Hätten wir sonst irgendeine Quote erfüllen müssen, um einen Platz zu bekommen? Sind Vollzeitplätze unattraktiv für die Anbieter? Braucht man Vitamin B, C(SU), S(PD) oder G(rüne), um einen Platz zu bekommen? Keine der Fragen bringt wirklich was, aber das intransparente System befeuert sie.
Mein Wunsch daher: Macht die Vergabekriterien (zumindest für 50% der Plätze) transparent oder verlost alternativ einfach die Plätze – das erscheint mir wesentlich faierer als das aktuelle System.
Übrigens kann die Stadt München noch nicht mal sagen, wieviele Eltern kein einziges Betreuungsangebot über den Kita-Finder bekommen – schon das zeigt, dass das Tool ein Flop ist und auch zur Planung und Nachfrageanalyse nur unzureichend genutzt wird.
Wie sieht jetzt konkret unsere Lösung aus? Wir haben bei den Stadt unseren Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung (Betreuung) geltend gemacht, was zumindest dazu führt, dass sich die Stadt etwas bemühen muss. Dabei haben wir insbesondere auch Großtagespflegen als akzeptiert angegeben. Nachdem erstmal nur Angebote für nur vormittags und Nachfragen, ob es denn nicht auch mit weniger Stunden gehen würde (Nein, gerade das geht eben nicht, wenn man nicht übermäßig in der Teilzeitfalle landen will), kamen, gab es dann ein Angebot für eine Großtagespflege in erreichbarer Entfernung. Hier dann das nächste „Highlight“, was Kinderbetreuung in München betrifft: Das Jugendamt als zuständige Stelle für Großtagespflegen weißt explizit darauf hin, dass sie ihrer Meinung nach den Trägern genug Förderung zahlt und man keine weiteren Verträge mit Zusatzkosten mit den Anbietern abschließen soll. Allerdings vermittelt das Jugendamt wissentlich sehr fleißig solche Plätze, da es auch praktisch gar keine Plätze mehr gibt, die nicht eine entsprechende Zusatzvereinbarung, also Zusatzkosten, erfordern. Und auch durch das Angebot eines solchen relativ teuren Platzes ist der Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung für die Stadt erfüllt. Wenn man es sich leisten kann, bekommt man so also einen Betreuungsplatz und zahlt dafür an die Stadt und an den Träger der Großtagespflege.
Das alles steht für mich in ziemlichem Widerspruch dazu, dass sich die Stadt München immer wie hier für ihre günstige Kinderbetreuung feiert – davon hätte man nämlich nur was, wenn man auch einen Platz hätte, wovon es einfach viel zu wenige gibt.
Als verbeamtete Lehrkraft in Bayern wird man regelmäßig von seiner Schulleitung beurteilt. Regelmäßig bedeutet immer über einen Zeitraum von 4 Jahren hinweg. Der Zeitraum der Regelbeurteilung endete am 31.12.2022 mal wieder, sodass aktuell quasi alle verbeamteten Lehrkräfte in Bayern ihre Regelbeurteilung mitgeteilt bzw. eröffnet bekommen. Als jemand, der das gerade zum ersten Mal mitmacht, muss ich sagen: In der jetzigen Form ist das für mich eine unbefriedigende Form der Mitarbeiterführung und Zeitverschwendung (vor allem für die Schulleitungen). Warum? Das versuche ich in den folgenden Zeilen zu erläutern.
Sinn einer Beurteilung
Fangen wir mal mit der Frage nach dem Sinn an. Was soll eigentlich grundsätzlich der Sinn einer Beurteilung sein? Ich würde aus dem Bauch heraus antworten, die Beurteilung soll mich in die Lage versetzen, meine gezeigten Leistungen an einem Maßstab einzuordnen. Der Maßstab kann ein kriterialer sein, anhand dessen ich sehe, was gut ist, was passt und was ich besser machen kann. Er kann aber auch ein sozialer sein, der mir meine Leistung im Vergleich zu meinen Kolleginnen und Kollegen zeigt, oder ein individuller Maßstab, der meine persönliche Entwicklung bewertet und mir sagt, ob ich mich gut, gar nicht oder gar rückwärts entwickelt habe. Leider schafft die dienstliche Beurteilung in der aktuellen Form in meiner Wahrnehmung nichts hiervon.
Von der Idee soll es ja ein kriterialer Maßstab sein und das Ministerium versucht auch den Inhalt und den Maßstab der Bewertung festzulegen (siehe hier), doch das geht aus meiner Sicht ziemlich an der Realität vorbei. Wie bitte soll Unterrichtsplanung, Unterrichtsgestaltung und Unterrichtserfolg im Alltag valide, objektiv und reliabel bewertet werden? Das ist ausdrücklich keine Kritik an Schulleitungen, aber wie bitte soll das von einer Person für alle Fächer auf Basis von i.d.R. zwei zufälligen Unterrichtsbesuchen funktionieren? Das kann nicht gehen und das kann einfach niemand leisten. Natürlich haben Schulleitungen auch noch andere Informationsquellen, bekommen Feedback von Eltern und den Fachbetreuern, aber trotzdem! Ich kann bei vielen Physikstunden immer wieder kritisch reflektieren, ob die nun gut so waren oder ob es vielleicht anders besser gelaufen wären – eine klare Antwort darauf finde ich selten und ich habe in dieser Richtung promoviert. Auch müsste eine solche Bewertung an einem kriterialen Maßstab dazu führen, dass man konkret sagen könnte, hier an der Stelle hättest du es besser so machen sollen und wenn du in der Situation x das gemacht hättest, dann wäre deine Bewertung im Bereich y eine Stufe besser gewesen. Das schafft aber die Beurteilung akutell nicht (und sie erfolgt bei einer Beurteilungsperiode von 4 Jahren auch nicht zeitnah, wie es für gutes, wirksames Feedback notwendig wäre). Auch ist die Beurteilung sicher nicht objektiv – bei den ganzen weichen Kriterien und der subjektiven Beobachtung/Wahrnehmung durch unterschiedliche Schulleiter kann die Beurteilung sicher nicht objektiv sein.
Die komischen Beurteilungsstufen
Weiteres Problem sind die sieben Stufen, die (leider) wenig bis nichts mit den im Schulalltag allgegenwärtigen Notenstufen zu tun haben:
- Leistung, die in allen Belangen von herausragender Qualität ist (HQ)
- Leistung, die die Anforderungen besonders gut erfüllt (BG)
- Leistung, die die Anforderungen übersteigt (UB)
- Leistung, die den Anforderungen voll entspricht (VE)
- Leistung, die den Anforderungen in hohem Maße gerecht wird (HM)
- Leistung, die Mängel aufweist (MA)
- Leistung, die insgesamt unzureichend ist (IU)
Schon bei dem mittleren VE erfüllt man alle Anforderung voll und trotzdem gibt es noch drei bessere Stufen? Was soll das? Das führt einfach nur dazu, dass in der Beurteilung kein negatives Wörtchen, kein bisschen Kritik oder keine Verbesserungspespektive stehen kann, weil dann würde man ja den Anforderungen gar nicht voll entsprechen. Wer auch immer sich das ausgedacht hat: Ich habe das Gefühl, dass die Angst vor auch nur der leisesten Kritik dafür gesorgt hat, dass hier die Beurteilung praktisch sinnlos wird und die Beurteilungstexte Lobhudelei werden. Warum nicht einfach 1-6?
Aus dieser komischen Konstruktion der Bewertungsskala folgt übrigens auch, dass die Beurteilung als intrapersoneller Vergleich nur wenig geeignet ist. Ich kann den ganzen Stufen zumindest nicht entnehmen, wie weit es z.B. von einem VE zu einem UB ist oder von einem UB zu einem BG. Auch die ganzen positiven Worte (nötig aufgrund der Konstruktion der Skala) helfen mir nicht, Entwicklungspotential und Ziele festzulegen. Dazu ist der Bewertungszeitraum von 4 Jahren hierfür wieder viel zu lange. In der freien Wirtschaft sind Feedback-Gespräche mind. in jährlichem Rhythmus üblich.
Fehlende soziale Einordnung
Und zu guter letzt noch das Problem, dass die Beurteilung leider auch nicht für eine soziale Einordnung der Leistung geeignet ist. Dazu müsste man nämlich wissen, wie die einzelnen Bewertungsstufen verteilt sind (oder zumindest verteilt sein sollen). Da ich aber weder weiß, wie die Verteilung schulweit noch bayernweit aussieht, kann ich mit meiner Bewertung hier rein gar nichts anfangen. Das einzige, was man so hört ist, dass die höchste Stufe HQ quasi gottgleich ist und eigentlich nicht vergeben wird (vielleicht mit Vitamin B oder in Bayern eher C) und die beiden unteren Stufen IU sowie MA auch sehr selten sind. Bleiben real nur noch vier Stufen, womit man auch über die Trennschäfte diskutieren kann. Zentraler ist aber die Frage, was eigentlich bitteschön dagegen spricht, die Verteilung der Stufen zu veröffentlichen. Gerne sowohl schulbezogen als auch bayernweit schulformbezogen und gerne auch getrennt nach Gehaltsstufen A13, A14, A15. Die Abiergebnisse werden ja schließlich auch bekannt gemacht. Das würde dann den ganzen Aufwand, der mit der Beurteilung für die Schulleitung verbunden ist, zumindest etwas rechtfertigen. Aber in der jetzigen Form ist das aus meiner Sicht einfach nur verschwendete Zeit und inhaltlich ziemlich sinnlos.
Vier abschließende Anmerkungen
- Ich bin mit meiner persönlichen Bewertung übrigens nicht unglücklich. Ich denke das passt schon, aber eigentlich kann ich aus all den genannten Gründen fast gar nichts sinnvolles damit anfangen. Und grundsätzlich ist es ja auch egal, denn welchen Einfluss hat die Regelbeurteilung schon? Man bekommt vielleicht irgendwie ein paar Monate früher die Regelbeförderung (ich habe da keine Ahnung von und auch keinen Zugang zum Beförderungsrechner, den der Phililogenverband anbietet), aber das wars auch schon. Für die Bewerbung auf externe Stellen wie Seminarlehrer erfolgt eh eine gesonderte Anlassbeurteilung.
- Natürlich stehen der Schulleitung noch weitere Instrumente der Personalführung zur Verfügung und auch in den entsprechenden Gesprächen wird – zumindest in meiner sehr begrenzten Erfahrung – einiges klarer und deutlicher als in der Beurteilung auf Papier, aber das macht den gesamten Prozess nicht sinnvoller oder nützlicher.
- Noch ein Aspekt, den man bei der Beurteilung (besonders bei Anlassbeurteilungen) kritisch sehen könnte: Was hat ein Schulleiter eigentlich für ein Interesse daran, seine guten Leute hier gut zu beurteilen? Dann haben die ja bessere Chancen auf den Job und sind mit höherer Wahrscheinlichkeit weg, was ein Verlust für die eigene Schule ist. Ich bin mir zwar sicher, dass die Schulleiter da trotzdem versuchen so neutral wie möglich zu beurteilen, aber eine tolle Sache ist das sicher trotzdem nicht (Und grundsätzlich muss man sich da nicht wundern, wenn die Gesellschaft den Eindruck gewinnt, dass wenig geeignete Leute einfach nur wegbefördert werden können).
- Immer mal wieder taucht ja (besonders von der FDP) die Forderung auf, Lehrkräfte nach Leistung zu bezahlen. Bitte, macht doch mal einen Vorschlag, wie die Leistung einer Lehrkräfte objektiv, reliabel und valide gemessen werden kann, was ja irgendwie die Grundlage für einen solchen Ansatz wäre. Auch wenn ich der Idee kritisch gegenüberstehe, bin ich gespannt auf die Ideen, weil diese vielleicht in einem ersten Schritt auch die dienstliche Beurteilung verbessern könnten. Oder man kommt zu dem Schluss, dass man sie in jetziger Form streicht und stattdessen auf regelmäßiges Feedback aus verschiedenen Quellen (Schulleitung, Kollegen, Lernende, Eltern) ersetzt.
In den vergangenen Tagen durfte ich zum ersten Mal an einer Lehrerfortbildung im Physikzentrum in Bad Honnef teilnehmen bzw. einen Beitrag dazu leisten. Bereits am Sonntagmorgen um kurz nach 8 Uhr bin ich in München aufgebrochen, um pünktlich zum Start der Veranstaltung im Physikzentrum zu sein. Schon beim ersten Anblick des Gebäudes stellte sich etwas Hogwarts-Atmosphäre ein und tatsächlich wird man immer wieder verzaubert: Vom Gebäude, dem drumherum, den (Experimental-)Vorträgen und den Workshops. Die Themen zähle ich jetzt nicht alle auf, aber von Elektromotoren, über Drohnen und Wasserraketen bis hin zu Science-Fiction-Rollen war alles dabei und alles war spannend, inspirierend und lehrrreich. Allerdings wird auch an vielen Stellen deutlich, dass der Lehrplan und der klassische Unterricht im 45 Minuten-Takt eine ziemliche Hürde darstellt. Vieles würde einfacher umsetzbar sein, wenn Schule mehr Freiraum bieten würde.
Ich selbst habe einen Workshop zu interaktiven und stummen Videos gehalten. Zunächst also die Relevanz von Videos deutlich gemacht, Herausforderungen aufgezeigt und dann die Vertonung von stummen Videos vorgestellt. Spannend ist immer wieder zu sehen, wie unterschiedlich die Ausstattungen und Settings in den verschiedenen Schulen sind, auch wenn die technische Ausstattung gefühlt besser wird (sagen auch die nicht repräsentativen Umfragen unter den Teilnehmern). Aber zum Glück gibt es ja hier eine Vielzahl an Varianten, wie man das Umsetzen kann und die Schüler:innen haben mit den meisten davon eigentlich kaum technische Probleme. Im zweiten Teil haben wir mit H5P und Lumi die Möglichkeiten von interaktiven Videos ausgelotet und natürlich auch gleich ausprobiert. Es waren zwei aktive, vielleicht etwas zu voll gepackte Stunden, aber es hat auf jeden Fall Spaß gemacht – mit und den vielen Teilnehmern. Die Folien dazu am Ende des Artikels.
Ansonsten sind die vielen Gespräche rundherum mit den Kolleginnen und Kollegen aus anderen Schulen und anderen Bundesländern immer sehr bereichernd – hier ist eben der große Unterschied zwischen einer Online-Fortbildung über 2 Stunden und einer Präsenzfortbildung von 4 Tagen. Dazu kommt man auch mit den Physikdidaktikern in einen tollen Austausch – ein Punkt, der mir im normalen Alltag oft etwas fehlt (wahrscheinlich, weil ich eben lange Teil dieser Bubble war).
Es war auf jeden Fall mal wieder schön unterwegs in Sachen Fortbildung zu sein und ich habe sicher auch selbst viele Anregungen mitgenommen, die ich in meinem Unterricht ausprobieren will. Jetzt geht es aber erstmal wieder 6 Stunden per Zug zurück nach München, sodass ich morgen früh wieder vor der Klasse stehen kann.
Aktives Lernen mit Videos im Physikunterricht
Immer wieder geht das Thema des Lehr- und Fachkräftemangels durch die Presse, der gerade im MINT-Bereich besonders gravierend ist und sich verschärft. Gerade heute wieder hat die SZ berichtet. Dabei kommt häufig auch die hohe Teilzeitquote zur Sprache – mal mit Bezug zu Erziehungszeit, mal ohne. Hier möchte ich auf ein Problem hinweisen, welches auf das gesamte System durchschlägt und das ich gerade am eigenen Leib erfahre: der Mangel an Krippenplätzen.
Die Ausgangssituation
Mein Kind, dass letzten März geboren wurde, soll eine Kindergrippe besuchen. Weil Plätze im Laufe des Jahres praktisch kaum zu bekommen sind, da ja fast nur Plätze frei werden, wenn ältere Kids in die Schule kommen, haben wir es so geplant, dass wir selbst 1 1/2 Jahre die Betreuung komplett übernehmen. Entsprechend suchen wir einen Krippenplatz für September. Die Platzvergabe für viele Kitas läuft hier in München über den KitaFinder+ der Stadt. Entsprechend haben wir dort bereits im September, also ein Jahr vor dem gewünschten Betreuungsbeginn entsprechene Anmeldungen getätigt und dabei eine Betreuungszeit angegeben, sie es uns ermöglichen soll einmal Vollzeit und einmal mindestens zu 75% zu arbeiten, gewünscht eher mehr. Angemeldet haben wir uns bei 24 Krippen die irgendwie mit dem Rad oder den Öffis vertretbar zu erreichen sind – wir waren also wirklich nicht wählerisch. Die offizielle Platzvergabe startete Mitte März.
Aktuelle Lage
Wir haben bis jetzt noch immer keinen Krippen-Platz und die Wahrscheinlichkeit noch einen in den gewünschten Krippen zu bekommen, ist natürlich drastisch gesunken. Über den KITA-Finder gab es bisher auch keinerlei weitere Informationen bis auf eine einzige Nachricht vom 5.5. die lautete, dass die Platzvergabe zügig liefe und weiter Plätze vergeben werden. Man erhält also keinerlei Informationen außer die schlechte Nachricht, dass wohl viele Plätze vergeben werden, aber man selbst noch immer keinen bekommen hat – über diese Kommunikation kann man sicher auch kritisch diskutieren. Zusätzlich haben wir jetzt bei der Elternberatung den Betreuungsbedarf angemeldet – vielleicht bringt das ja noch eine Lösung, auch wenn die Gespräche nicht gerade positiv stimmen. Einen aktiven Hinweis darauf und die damit verbundene offizielle Geltendmachung des Rechtsanspruches gab es nicht, auch wenn diese Meldung eigentlich drei Monate vor Beginn des Betreuungsbedarfs erfolgt sein muss.
Die kurzfristigen Folgen
- Da die Kinderbetreuung ab September noch völlig unklar ist, ist es auch die berufliche Tätigkeit. Wer von uns in wie weit dem Arbeitsmarkt ab September wieder zur Verfügung steht und arbeiten kann, ist ungewiss. Sehr wahrscheinlich werden wir nicht beide wie gewünscht arbeiten können -> es fehlt eine Fachkraft.
- Ich muss mich informieren, welche Möglichkeiten es z.B. im Beamtengesetz gibt, evtl. auch sehr kurzfristig mehr Zeit für die Kinderbetreuung zu haben.
- Und ganz ehrlich: Aktuell ist das auch ein Gefühl der maximalen Kinderunfreundlichkeit. Gefühlt scheint es der Staat bzw. Bayern bzw. München gar nicht zu wollen, dass Eltern Vollzeit arbeiten können. Dann darf sich der Staat aber auch nicht über fehlende Lehr- und Fachkräfte beschweren.
Die langfristigen Folgen
- Fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten machen den Weg zu mehr Gleichberechtigung und auch den Weg aus der Teilzeitfalle schwierig. Natürlich haben beide Ehepartner das gleiche Recht zu arbeiten und die gleichen Pflichten in der Haus- und Care-Arbeit. Aber am Ende muss man auch rechenen, was sich finanziell mehr lohnt. Und jedes einzelne Jahr, das man aus dem Job raus ist, macht vergrößert eine evtl. Einkommensschere noch, das Problem wächst also.
- Die Bereitschaft etwas für einen Arbeitgeber/ein System zu geben, hängt maßgeblich auch damit zusammen, was man von ihm zurückbekommt. Gerade bei Lehrkräften ist das hier problematisch, da auf der einen Seite die Aufgaben in der Schule eher wachsen als weniger werden und z.B. Teilzeitmöglichkeiten eingeschränkt werden, man auf der anderen Seite aber (gefühlt?) wenig zurückbekommt – Mitte Juni noch immer keinen Krippenplatz für September. Da überlegt man schon, wie man dieses gefühlte Missverhältnis wieder in die Waage bringen kann.
- Als sehr teure Stadt wird München ohne zwei Einkommen sehr unattraktiv. Wenn einem dies nicht ermöglicht wird, da es kein bezahlbares Betreuungsangebot für die Kinder gibt, bleibt als Alternative nur ein Ortswechsel.
- Krippenplätze werden zu einem Standortfaktor und entscheiden auch mit über die Wahl des Arbeitgebers. Für mich bedeutet das ganz konkret zweierlei:
- Ich überlege, wohin es sich lohnt einen Versetzungsantrag zu stellen oder auch das Land / Bundesland zu wechseln, um eine bessere Kinderbetreuung zu erhalten, sodass sowohl meine Frau als auch ich die Möglichkeit auf eine Vollzeitstelle haben.
- Ich überlege, ob ich nicht aktiver auch außerhalb des Lehrerberufes Jobchancen sehen z.B. bei Firmen, die eine Firmenkita haben, oder die in einer Gegend liegen, wo es Krippenplätze gibt.
Lösungsvorschläge
Natürlich ist es jetzt einfach hier zu schreiben, dass wir einfach nur dafür sorgen müssen, das es genug Krippenplätze bzw. Erzieher*innen gibt (oft ist aktuell das Personal der limitierende Faktor). Aber im Grunde ist das, neben gesteigertem Zuzug aus dem Ausland, die einzige Lösung, um dem Fachkräftemangel, der auf breiter Front droht bzw. schon existiert, entgegenzuwirken – gerade für Lehrkräfte, deren Arbeitszeit zu guten Teilen in Präsenz und zu einem fixen Zeitrahmen, nämlich vormittags zwischen 8 und 15 Uhr stattfindet. Ich persönlich könnte mir als Nachteule auch andere, kreative Modelle der Betreuung vorstellen, aber wenn ich unterrichte kann ich meinen Sohn nicht betreuuen.
Grundsätzlich habe ich aber das Gefühl, dass wir als Gesellschaft noch immer nicht verstanden haben, was es bedeuetet, wenn wir den Erzieher-Beruf nicht stärker wertschätzen und welche Folgen das z.B. auf den Fachkräftemangel hat. Wenn wir beide Elternteile als Fachkräfte brauchen, dann muss auch die Kinderbetreuung gesichert sein und die Krippenplatzvergabe kein Lotteriespiel mit schlechten Chancen.
Ein Wort zu Teilzeit allgemein
Zum Abschluss noch ein paar Worte generell zur Teilzeit im Lehrerberuf. In Artikeln in der Presse und in Äußerungen von Politikern zum Lehrkräftemangel wird auch immer wieder auf Lehrkräfte verbal „eingeprügelt“, die auch außerhalb von Erziehungs- oder Pflegezeiten nur in Teilzeit arbeiten wollen oder können. Für mich ist das eine sinnfreie Randdiskussion, die am Ende nur dazu führt, dass das Berufsfeld Lehrer noch unattraktiver für den Nachwuchs wird. Der Staat hat den Wandel in der Arbeitswelt bzw. eher bei den potentiellen Bewerbern offenbar noch immer nicht verstanden: Viele gute Leute wollen Flexibilität und eine gute Work-Life-Balance. Passt die nicht, macht die junge Generation (oder eher Teile davon) eben was anderes, auch weil sie selbst flexibel ist und weniger Angst vor Brüchen im Lebenslauf hat. Der Fachkräftemangel spielt ihnen dabei in die Karten und der Staat muss sehen, wie er im Konkurrenzkampf um kluge Köpf vor allem im MINT-Bereich mithalten kann – ein flexibles Stundendeputat wäre dabei sicher ein Plus, stark eingeschränkte Teilzeitmöglichkeiten ein dickes Minus.
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