Inzwischen sind die ersten fünf Wochen Schule im Schuljahr 23/24 rum und in diesen Wochen hat sich langsam herauskristallisiert, wo meine eigenen Schwerpunkte im neuen Schuljahr liegen werden. Ein Schwerpunkt dabei wird leider wieder die Plage mit den Apple-Geräten, Jamf, dem AirPlay und dem WLAN sein. Grundsätzlich mache ich das ja gerne, aber wenn man nur begrenzt Einflussmöglichkeiten hat, keiner der Verantwortlichen mit einem redet und nichts funktioniert, dann ist man schon genervt – und der Rest des Kollegiums ebenfalls, dem man auch nicht wirklich helfen kann außer ihm zu raten, sich selbst einen Apple-Adapter auf HDMI zu kaufen. Aber das soll jetzt kein Rant werden, denn es gibt auch positive Dinge. Die ziehen zwar auch einiges an Arbeit nach sich, aber die macht in der Regel dann doch Spaß. So werde ich dieses Jahr einen Mathe- und einen Physikkurs in Richtung Abitur begleiten. Das ist ja immer irgendwie eine besondere Sache – nicht nur für die Schüler:innen, sondern auch für einen als Lehrkraft. Man versucht die Schüler:innen möglichst gut und passend vorzubereiten, hat doch auch nur begrenzt Einfluss und muss am Ende das Korrigieren, was im Abi zu Papier gebracht wurde. Einfach aufregend und spannend.
Dann begleite ich natürlich meine eigene Klasse mit allen Schüler:innen, die ich letztes Jahr am WG willkommen geheißen habe, weiter in ihrem Schulleben. Auch spannend, insbesondere da dieses Jahr die Bruchrechnung ansteht. Weiter habe ich relativ viel Physik, insbesondere auch in den Jahrgangsstufen 10 und 11, die ich beide vorher im neuen Lehrplan noch nicht unterrichtet habe. Das bedeutet zum einen relativ viel und intensive Vorbereitung zum anderen aber auch, dass ich eine ganze Reihe an Experimenten machen darf, die ich länger nicht mehr gemacht habe. Das macht immer besonders viel Spaß. Ich bräuchte nur genug Zeit, um die ganzen Experimente dann auch zu filmen und zu vertonen 😉
Und dann habe ich noch in der sogenannten „Individuellen Lernzeitverkürzung“ einen Kurs in Mathe und tatsächlich auch in Physik. Ja, in den zwei ILV-Schienen, die es bei uns an einem humanistischen Gymnasium in der 10 gibt, haben so viele sich Physik als Fach gewünscht, dass es das bei uns gibt. Auch eine ziemlich arbeitsintensive Baustelle, aber irgendwie macht aus das Spaß, da man dann mit einer kleineren Gruppe sehr intensiv arbeiten kann.
Alles andere lasse ich dann mal auf mich zukommen – ich bin gespannt, wie gut oder schlecht ich die Arbeitszeiten dieses Jahr ausbalancieren kann und was sich sonst noch so entwickelt im Laufe des Schuljahres. Einen spontanen Einsatz als Vertretungsplaner hatte ich dabei auch schon und das ist selbst an einer kleinen Schule echt keine ganz einfache Aufgabe, sondern fühlt sich eher an wie ein Puzzle mit tendenziell zu wenig Teilen. Aber Spaß hat auch das irgendwie gemacht.
Tagphysik
In den vergangenen Tagen durfte ich zum ersten Mal an einer Lehrerfortbildung im Physikzentrum in Bad Honnef teilnehmen bzw. einen Beitrag dazu leisten. Bereits am Sonntagmorgen um kurz nach 8 Uhr bin ich in München aufgebrochen, um pünktlich zum Start der Veranstaltung im Physikzentrum zu sein. Schon beim ersten Anblick des Gebäudes stellte sich etwas Hogwarts-Atmosphäre ein und tatsächlich wird man immer wieder verzaubert: Vom Gebäude, dem drumherum, den (Experimental-)Vorträgen und den Workshops. Die Themen zähle ich jetzt nicht alle auf, aber von Elektromotoren, über Drohnen und Wasserraketen bis hin zu Science-Fiction-Rollen war alles dabei und alles war spannend, inspirierend und lehrrreich. Allerdings wird auch an vielen Stellen deutlich, dass der Lehrplan und der klassische Unterricht im 45 Minuten-Takt eine ziemliche Hürde darstellt. Vieles würde einfacher umsetzbar sein, wenn Schule mehr Freiraum bieten würde.
Ich selbst habe einen Workshop zu interaktiven und stummen Videos gehalten. Zunächst also die Relevanz von Videos deutlich gemacht, Herausforderungen aufgezeigt und dann die Vertonung von stummen Videos vorgestellt. Spannend ist immer wieder zu sehen, wie unterschiedlich die Ausstattungen und Settings in den verschiedenen Schulen sind, auch wenn die technische Ausstattung gefühlt besser wird (sagen auch die nicht repräsentativen Umfragen unter den Teilnehmern). Aber zum Glück gibt es ja hier eine Vielzahl an Varianten, wie man das Umsetzen kann und die Schüler:innen haben mit den meisten davon eigentlich kaum technische Probleme. Im zweiten Teil haben wir mit H5P und Lumi die Möglichkeiten von interaktiven Videos ausgelotet und natürlich auch gleich ausprobiert. Es waren zwei aktive, vielleicht etwas zu voll gepackte Stunden, aber es hat auf jeden Fall Spaß gemacht – mit und den vielen Teilnehmern. Die Folien dazu am Ende des Artikels.
Ansonsten sind die vielen Gespräche rundherum mit den Kolleginnen und Kollegen aus anderen Schulen und anderen Bundesländern immer sehr bereichernd – hier ist eben der große Unterschied zwischen einer Online-Fortbildung über 2 Stunden und einer Präsenzfortbildung von 4 Tagen. Dazu kommt man auch mit den Physikdidaktikern in einen tollen Austausch – ein Punkt, der mir im normalen Alltag oft etwas fehlt (wahrscheinlich, weil ich eben lange Teil dieser Bubble war).
Es war auf jeden Fall mal wieder schön unterwegs in Sachen Fortbildung zu sein und ich habe sicher auch selbst viele Anregungen mitgenommen, die ich in meinem Unterricht ausprobieren will. Jetzt geht es aber erstmal wieder 6 Stunden per Zug zurück nach München, sodass ich morgen früh wieder vor der Klasse stehen kann.
Aktives Lernen mit Videos im Physikunterricht
Ich habe den ersten Tag der Sommerferien dazu genutzt, eine kleine Ära zu Ende gehen zu lassen. Seitdem die allererste Version meiner virtuellen Experimente (damals eigentlich nur die Elektronenablenkröhre) am 5. März 2013 online ging, habe ich das Nutzerverhalten durchgehend auf unterschiedliche Arten und Weisen und mit unterschiedlichen Methoden getrackt. Auch wenn sie die gesamte Umgebung in der ganzen Zeit mehrfach gewandelt hat, fortlaufend ergänzt und erweitert wurde, ein Nutzertracking war immer mit eingebunden und hat mir vielfältige Erkenntnisse über die Nutzungsweisen, Nutzungszeiten und Nutzungsorte gebracht. Damit lieferte es mir viele wichtige Impulse zur Weiterentwicklung meines Lernangebotes und hat mir wichtige Einblicke darin gegeben, wie eine Webseite „erfolgreich“ und häufig genutzt wird. Erfreulicherweise sind die Nutzerzahlen in Deutschland und an deutschsprachigen Schulen rund um die Welt von Jahr zu Jahr gestiegen und haben nicht nur wegen Corona Zahlen erreicht, von denen ich zu Beginn des Projektes nie geträumt habe. So sind es dieses Jahr bereits knapp 1 Millionen Seitenaufrufe von über 110.000 Nutzern. Am Top-Tag, dem 12.1. waren es über 15.000 Seitenaufrufe von ca. 1750 Nutzern mit einer Nutzungsdauer von im Schnitt 8:30 Minuten Dazu kommen noch all die Nutzer, die Tracking mittels Ad-Blocker, Ghostery oder ähnlichem blockieren. Auch das dürften gerade im schulischen Bereich nicht wenige sein.
Doch eigentlich hätte ich für das Nutzer-Tracking wohl schon eine ganze Zeit lang ein entsprechendes Banner einblenden müssen, um Nutzer aktiv darüber zu informieren und ihre Zustimmung einzuholen. Aber da bin ich nicht wirklich dazu gekommen und habe meine Zeit lieber in inhaltliche Dinge gesteckt. Aber natürlich mag ich auf meiner Seite auf Dauer nichts illegales tun und nicht auf illegale Art und Weise Daten erheben, auch wenn diese durchaus nützlich für mich sind. Von daher stand für mich jetzt die Entscheidung an, wie ich damit umgehe. Also habe ich mir Alternativen angeschaut und dann auch Matomo getestet. Allerdings produziert das einiges an Serverlast, was ich vermutlich durch einen höheren Server-Plan hätte ausgleichen müssen. Und da ich keinerlei Werbung oder so auf der Seite haben will, wäre das entsprechend mit höheren Kosten für mich persönlich verbunden gewesen. Auch wäre weiter ein entsprechendes Banner notwendig gewesen. Von daher eigentlich auch keine wirkliche Lösung.
Daher habe ich mich jetzt zu einem radikalen Schritt entschieden: Ich verzichte künftig auf jegliches Nutzertracking. Auch wenn mir der schnelle Blick auf die Nutzerzahlen, der durchaus sehr motivierend sein kann, jetzt und gerade in der nächsten eigentlichen Hochzeit der Umgebung im November fehlen wird, erscheint es irgendwie die einzig wirklich gangbare Lösung. Also habe ich den ersten Ferientag dazu genutzt, alle Google Analytics Elemente aus meiner Seite zu entfernen. Alles auf virtuelle-experimente.de kann also nun (hoffentlich) völlig datenschutzkonform im Unterricht und zu Hause genutzt werden.
P.S.: Die Website wird auch in den kommenden Jahren weiterhin für alle kosten- und werbefrei zugänglich sein und wenn mir welche einfallen, gibt es bei Gelegenheit auch bestimmt weitere, passende Aufgaben.
Ich erstelle ja von Zeit zu Zeit immer mal wieder Videos von Experimenten aus dem Physikunterricht (ich bezeichne die Videos ungern mit den aktuell so beleibten Begriffen Lern- oder Erklärvideo, denn meine Videos erfüllen die Erwartungen, die daran eigentlich geknüpft sein müssen, nur teilweise). Ich mache das in meiner Freizeit als Privatvergnügen, werde dafür nicht bezahlt und verdiene damit keinerlei Geld. Ich mache es, wenn es gerade passt, ich Lust darauf und ein geeignetes Experiment im Kopf habe. Klar, oft steht das irgendwie in Verbindung mit LEIFIphysik, entweder weil ich da gerade ein Artikel überarbeite, einen Versuch aktualisiere und einfach nur was neu hinzufüge. Aber manchmal brauche ich einfach ein Video für meinen Unterricht oder will einfach ein Experiment ausprobieren, weil ich es noch nicht selbst durchgeführt habe. Also warum nicht direkt auch Filmen und in etwas Kontext einbetten?
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Im Internet kursieren ja viele Erfahrungsberichte, die das Referendariat als sehr anstrengende, physisch und psychisch belastende Sklavenzeit beschreiben, durch die man durch muss, bevor man dann als fertiger Lehrer frei ist, wie Dobby mit der Socke. Auch unter Didaktikern an der Uni hört man entsprechende Geschichten, in denen man ständig mit Seminarlehrern im Klinsch liegt, weil man ja der Besserwisser aus dem Elfenbeinturm der Uni ist. Und trotzdem habe ich mich vor etwa zwei Jahren entschieden nach der Promotion in der Physik (Schwerpunkt Fachdidaktik) ins Ref zu gehen: Ich wollte auch dieses Weg zu Ende gehen und Praxiserfahrung sammeln.
Jetzt, am Ende des Referendariats, aber bevor eine rückblickende Verklärung einsetzt, ist der Zeitpunkt gekommen, meine Erfahrungen zu berichten, um auch mal ein positiveres Bild des Referendariats zu verbreiten. Der Beginn war natürlich eine Umstellung. Von freien und flexiblen Arbeitszeiten an der Uni in ein enges Korsett aus allgemeinen Sitzungen, Fachsitzungen und zunächst Hörstunden an der Seminarschule. Auch an einige formale Abläufe wie das Schreiben der Protokolle musste ich mich erst einmal gewöhnen. Und dazu digital zunächst ein Rückschritt: Kein WLAN und keine Tablets für Schüler. Aber zumindest überall Beamer und Dokumentenkamera, in den Physikräumen auch drahtlos nutzbar. Besonders spannend für mich: Die ersten Begegnungen und Gespräche mit dem Seminarlehrer in Physik. Es lief alles sehr entspannt und geprägt von gegenseitiger Wertschätzung, auch wenn das Setting der Bewertung allen klar ist. Eine der ersten Aussagen, die mir sehr positiv in Erinnerung geblieben ist, lautete sinngemäß: Ich möchte nicht, dass sie so unterrichten wie ich. Ich möchte, dass sie die zu ihnen passende Art des Unterrichts finden, weiterentwickeln und verbessern. Und dieser Satz passte zu uns vier doch sehr unterschiedlichen Physikreferendaren sehr gut und hat auch tatsächlich durchs ganze Referendariat getragen. Es war keine leere Phrase.
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