So, ein gewisser Rhythmus ist inzwischen da in meinem Referendarsleben. Das morgendliche frühe Aufstehen ist zur Routine geworden, der „Lieblingsradweg“ ist festgelegt und die Kaffeeversorgung in der Schule ist gesichert, auch wenn so eine Pause fast zu kurz ist für einen Kaffee und wir bei den Sorten noch am Rumprobieren sind. Die Klassen und Lehrkräfte, die man sich im Unterricht anschaut, wechseln natürlich, aber viele kennt man inzwischen. Und auch die Zahl der selbst gehaltenen Stunden ist bei mir schnell angewachsen und so habe ich jetzt schon meine „Pflichtlehrversuche“ erfüllt (ich werde aber sicher noch den ein oder anderen mehr machen). Ging sehr schnell vorbei und es war gefühlt, wie das im Lehreralltag so ist: Manche Stunden liefen gut, manche weniger gut, mal kam man in einen guten Arbeitsfluss, mal war der eher zäh. Aber im Großen und Ganzen würde ich sagen, war das meiste ganz brauchbar und dahingehend war auch das Feedback der Seminarlehrer und der Mitreferendare. Spannend war für mich die verschiedenen Jahrgangsstufen zu erleben und in Unter-, Mittel- und Oberstufe mal zu unterrichten. Ich könnte noch keinen Favoriten ausmachen, aber das Arbeiten unterscheidet sich schon. Der Vorbereitungsaufwand für Lehrversuche ist am Anfang natürlich tendenziell höher, als er später ist bzw. sein darf, aber das gehört zum Referendarsleben dazu. Was meine technische Arbeitsweise angeht, bin ich noch unsicher und weiß noch nicht, wie und womit ich digital Arbeiten möchte. Laptop, iPad Pro, Windows Tablet – alles vorstellbar und alles mit Stärken und Schwächen (und unterschiedlichen Kosten). Auf jeden Fall habe ich inzwischen privat mobiles Datenvolumen, damit ich zumindest minimal flexibel digital arbeiten und z.B. Plickers einsetzen kann.
Ansonsten habe ich bisher viele gelungene Stunden, aber ebenso auch mäßig funktionierende Stunden gesehen. Schön, dass man hier auch einfach den Alltag erlebt und nicht nur Hochglanzunterricht. Im Kollegium angekommen sind wir bisher nicht so vollends – da das Gefühl viele von uns haben, haben wir jetzt beschlossen ein „Frühstück“ im Lehrerzimmer zu organisieren, um das zu ändern. Ich muss aber direkt dazu sagen, dass ich hier das Physikkollegium ausnehmen muss, denn hier kennt man sich (vermutlich durch die gemeinsamen Aktivitäten in der Sammlung), quatscht miteinander, tauscht sich aus und kann auch problemlos immer Fragen, wenn man was wissen möchte oder was sucht. Das ist super.
Ansonsten muss ich schon in der laufenden Woche meine Ortswünsche für das erste Einsatzhalbjahr abgeben. Irgendwie komisch – kaum ist man da, schon soll man sich Gedanken darüber machen, wo man als nächstes hin will. Wobei die Wünsche hier ja wirklich nur Wünsche sind, die evtl. ein wenig berücksichtigt werden. Referendare stehen eben ganz am Ende der Verteilungskette und füllen viele Lücken. Bescheid bekommt man dann so 10-14 Tage vor dem zweiten Halbjahr, dass dann diesmal auch direkt ohne eine Woche Ferien zuvor startet. Ziemlich verrückt aus meiner Sicht, aber ich denke positiv und hoffe, dass ich schon irgendwo in pendelbarer Distanz bleiben werde. Und was digitale Arbeitsmöglichkeiten im Klassenraum angeht, kann ich mich zumindest kaum großartig verschlechtern (im Physiksaal geht das digitale Arbeiten schon, abgesehen von WLAN oder Internet am Privatgerät). Vielleicht habe ich bis dahin ja dann auch einen Account für Mebis und eine Dienst-Email-Adresse. 😉
Zum Abschluss noch ein klein wenig Kritik: Was mich manchmal stört ist die Überheblichkeit, mit der einige wenige (!) Menschen Lehramtsstudenten aus anderen Bundesländern begegnen, vor allen Dingen Leute, die das vermutlich kaum beurteilen können, da sie weder in den letzten Jahren in einem anderen Bundesland studiert haben noch hochschulausbildungstechnisch so aktiv sind, dass sie hier einen Überblick haben könnten. Ich bin nicht in Bayern im Referendariat, weil es in Hessen Gesamtschulen gibt, auch nicht, weil man in Bayern nach dem Studium relativ gut einen Referendariatsplatz bekommt (für bayerische Studenten ja sogar garantiert), und erst recht nicht, weil das Referendariat hier zwei Jahre dauert, während es in anderen Bundesländern nur noch 18 oder 21 Monate dauert (was natürlich durch längere Schulpraktika vorher ausgeglichen wird). Nur weil was anderswo anders ist, muss es nicht automatisch schlechter sein und selbst wenn man irgendwo besser ist, dann ist das noch lange kein Grund überheblich zu sein. Gerade wir als Lehrkräfte sollten wissen, dass Überheblichkeit keine gute Basis für die Vermittlung von Werten und Wissen ist – wichtig ist ein gemeinsamer Austausch und ein gegenseitiger Einbezug auf Augenhöhe.
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